SYNERGIEN
Ulrike DoniéURWIRBEL URMEER CHAOS HIMMEL UND LICHT ANFANG UND ZUKUNFT
Wer in der Stille am KulturOrt Wintringer Kapelle verweilt, kann – inspiriert von den Werken Ulrike Doniés – den Blick zwischen dem mittelalterlichen Raum und der Natur schweifen lassen.
Der Blickwechsel lädt ein, den Gestaltungsmomenten einer synergetischen Begegnung zwischen Mensch und Natur in der Gegenwart nachzuspüren: Wo entstehen fruchtbare Verbindungen, die in einer noch nicht sichtbaren, aber fühlbaren Zukunft ein neues Miteinander erkennbar machen? Synergetische Begegnungen sind ein zentraler Aspekt schöpferischer Erneuerung – Kunst verbindet!
Peter Michael Lupp, Kurator KulturOrt Wintringer Kapelle
Gebaut auf Muschelkalk und mit Muschelkalkstein, trägt die „Wintringer Kapelle“ die Jahrmillionen alte Erdgeschichte in sich. Die Reste der ehemaligen Prioratskirche samt ihrer künstlerischen Ausstattung stehen seit dem Mittelalter für den christlichen Glauben. Aus diesen beiden Faktoren entsteht das Spannungsverhältnis der künstlerischen Arbeiten von Ulrike Donié, die im Jahresverlauf 2022 am KulturOrt Wintringer Kapelle gezeigt und diskutiert werden.
Das im Muschelkalk verewigte Leben zeugt vom unablässigen Kampf ums Überleben. Vor ca. sechs Millionen Jahren trat der Mensch in diese Gesetzmäßigkeit ein und sicherte seine Existenz durch das Eingreifen in die Natur und dem gleichzeitigen Kampf gegen die Gefährdungen aus der Natur. Technischer Fortschritt half ihm dabei, die Erde als gefährlichen, ihn ständig in seiner Existenz bedrohenden Ort, Schritt für Schritt beherrschbarer zu machen. Andererseits: „Es werde Licht!“
Diese biblische Beschreibung des Anfangs steht für die Künstlerin nicht nur für die christliche Vorstellung vom Beginn der Welt. Hier zeigt sich die geistige Auseinandersetzung des Menschen mit sich selbst und seiner Herkunft und Zukunft. Die tatsächliche Beherrschung der Welt durch Wissenschaft und Technik auf der einen Seite und die geistig-kulturelle Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Stellung in dieser Welt auf der anderen Seite, sind die beiden Faktoren aus denen sich Entwicklung und Rückschritt gleichermaßen ergeben können. Gefahr aus der Natur und Gefährdung der Natur durch den Menschen stehen heute einander gegenüber. Um weiter überleben zu können, muss er die Natur nicht nur beherrschen, sondern sie auch erhalten.
Synergie im Kontext meiner künstlerischen Arbeiten, die eigens für den KulturOrt Wintringer Kapelle entstanden sind, bedeutet das fruchtbare Zusammenspielen aller dem Menschen zur Verfügung stehenden Errungenschaften, um zu einem vernunftbasierten Handeln zur Erhaltung der Lebensgrundlage Natur beizutragen: Technik, Wissenschaft, Religion mit ihrer Spiritualität und klaren Handlungsanweisungen, säkularer Ethik mit ihren abstrakten, allgemeingültigen Grundsätzen und Kunst mit ihren emotionalen und unterbewussten Wirkungen.
Urwirbel, Urmeer, Chaos, Himmel und Licht werden vor diesem Hintergrund in meinen Bildern atmosphärisch verdichtet und verschlüsselt als Erzählung von Anfang und Ende dargestellt. Sie erzählen von existentiellen Urerfahrungen des Menschen (auch) mit der Natur. Mit meiner Malerei möchte ich die Urerfahrung des in der Natur beheimateten, aber von ihr auch bedrohten Menschen, der im Laufe seiner Geschichte zu ihrem Gefährder wurde, aufgreifen, um aufzurütteln, betroffen zu machen und zum Wandel zu ermutigen, um einen Ausweg aus der Zerstörung der Natur hin zu ihrer Bewahrung zu finden.
Ulrike Donié zur Intention ihrer Werke
Die mit dunklem Grün, Blau und Lila gemalte, eher düster gehaltene Urflut, der Urwirbel, zeigt eine Art Strudel, der bildlich einen „Ausweg“ durch das verschlossene Portal weist, aber auch bedrohlich wirkt. Damit wird einerseits auf die biblische Genesis „Die Finsternis lag auf der Urflut und der Geist Gottes schwebte über den Wassern“ angespielt, andererseits soll ein rein evolutionäres Geschehen nicht geleugnet werden. Im Bild stehen Chaos und Ordnung, Ruhe und Dynamik nebeneinander. Die biblische Umschreibung von Irrsal und Wirrsal ist dabei ebenso angesprochen wie die evolutionäre Dynamik des Entstehens. Der von der Mitte des Bildes ausgehende, dunkelfarbig angelegte Sog zieht die Betrachter mitten in das bedrohliche Geschehen und macht sie zum Akteur des sich Wehrens gegen das „in den Abgrund gezogen Werden[s]“. Angst vor dem Verschlungenwerden in die dunklen Tiefen rührt sie unmittelbar emotional an. Rettend wirkt da die in hellem Grün, Blau, Rosa bis sogar reinem Weiß gehaltene „Uferlandschaft“.
Auf der gegenüberliegenden Seite stellt ein Tondo eine lichte, in helleren Farben aufschimmernde Himmelslandschaft über einer in Dunkelrot getauchten Höllenglut dar. Helles Grün, Rosa und Weiß stellen Licht als Verkörperung von Hoffnung und Zuversicht heraus und kontrastieren den bedrohlich wirkenden, in Rot und Orange gehaltenen Abgrund. Die Rundform des Tondo verkörpert das Symbol der Ewigkeit und der immerwährenden Erneuerung.
Interview mit der Künstlerin vor Ort
Faltblatt
Begleittext und Hintergründe
Kurzvita und Ausstellungen
1961 | In Saarbrücken geboren |
1984-1987 | Werkhochschule Saarbrücken (Grundlehre) |
1991 | Aufnahme der Arbeit als Künstlerin |
2008 | Artist in residence, Kunstakademie Nagoya, Japan |
2018 | Kunstverein Emmerich (E) Kunstverein Duisburg, Juni (E) Kunstverein Soest, Oktober (E) Städtische Galerie, Kunstforum Neuenrade, September (E) |
2019 | Pavillon du Centenaire Esch, Luxemburg (E) Kunstforum Neureut (E) Kunst im Landtag Rheinland-Pfalz (E) Kunstverein Ingelheim (E) Museum für Bildende Kunst im Landkreis Neu-Ulm (G) Kulturring Meschede (E) (K) |
2020 | Neuer Kunstverein Aschaffenburg „starke Frauen“ Symposium mit Ausstellung Großobjekt für den Außenbereich „Big Bugs“ Kunstverein b-05 Kultur- Kunst-Natur Kunstverein Montabaur Kunstfreunde Lindau, Kunst in St. Stephan (E) KunstWerk Fellbach e.V. Fellbach (E) Museum Koenraad Bosman, Rees (E) Kunstverein Meppen (E) Kunst in der Maschinenhalle Scherlebeck, Herten (E) Projektraum k-Salon, Berlin mit Susanne Husemann (E) Museum Pachen, Rockenhausen (E) |
2021 | Kunstverein Weiden (E) Museen Miltenberg (E), Ankauf Kunsthalle Hilsbach (E) Museum Mölln (E) Kunstverein Ladenburg (E) Kunstausstellung Natur-Mensch St. Andreasberg Kunstverein Germersheim „VIELFACH NATUR“ (G) Kunstverein Frechen (G) Kunstverein Bad Salzdetfurth (G) Galerie Kunstzone M1, Gera (G) |
2022 | Peripherie galerie im sudhaus, Tübingen (E) Gmünder Kunstverein, Galerie im Kornhaus (E) Städtische Galerie Stapflehus, Weil am Rhein (E) Kunstgalerie „Altes Rathaus“ Schwarzenbach an der Saale (Corona bedingt auf 2023) Museum im Deutscherrenschloss, Münnerstadt (E) KulturOrt Wintringer Kapelle Kleinblittersdorf, Saarbrücken (E) Museum Schloss Ratibor, Roth (E) |