sommer – aestas
LichtZeitSpiel
Die Milchstraße (La voie lactée)
Wie bereits in einigen der vorangegangenen Veranstaltungen thematisiert, steht nach den heutigen Erkenntnissen der Bauforschung die Wintringer Kapelle in Verbindung zu dem mittlerweile von der UNESCO als geistiges Weltkulturerbe anerkannten Jakobsweg. Dieser europäische Kulturweg tangiert die „Kapelle“ auf der Route von Speyer nach Metz.
Die zehnte Veranstaltung – dem Sommer gewidmet – war daher noch einmal Ausgangspunkt eines kulturellen Projektes, wobei erstmals das Medium Film im Mittelpunkt stand.
Ausgehend davon, dass Kultur für ein Bauwerk oder ein Bauwerk für Kultur Bedeutung haben kann und bisweilen Flächen und Raum zur Einheit verschmelzen können, entwickelte sich die Idee, ein „Lichtspiel“ in einer Sommernacht auf eine Außenwand (Westwand) der mittelalterlichen Kapelle zu projizieren, das sich gleichfalls auch mit dem Thema Jakobuskult auseinandersetzt.
Am nächtlichen Sternenhimmel verläuft, in klaren Nächten sichtbar, über einen großen Teil Europas, eine Sternenwolke, „die Milchstraße“. Im Mittelalter sah man darin einen kosmischen Hinweis auf das Jakobusgrab. Der Jakobsweg wird daher auch als Sternenweg bezeichnet.
Luis Buñuel, einer der herausragenden Regisseure des 20. Jhs., hat sich in seinem Film „Die Milchstraße“ (La voie lactée, 1969) auf seine Art und Weise mit diesem Thema auseinander gesetzt. Zu den wichtigsten Aspekten seiner filmischen Arbeit gehörte auch die kritische Auseinandersetzung mit der spanischen Bourgeoisie und dem Christentum. Dies kommt auch in diesem Film zum Ausdruck. Zwei Landstreicher, die sich auf den Weg zu einer Pilgerfahrt von Paris nach Santiago de Compostela in Spanien machen, stehen im Zentrum dieser philosophisch-religiösen Abhandlung. Unterwegs machen sie eine (imaginäre) Reise durch die katholische Kirchengeschichte, voll von Zitaten...
Der Film wurde in der französischen Originalfassung mit englischen Untertiteln bei sternenklarem Himmel an die Westfassade projiziert und von einer Dolmetscherin deutsch eingesprochen. Ein nächtliches „LichtZeitSpiel“ von besonderer Art, titelte die Presse.
Kooperationspartner für dieses ungewöhnliche LichtZeitSpiel war das Saarbrücker Kino achteinhalb, deren Initiatoren Ingrid Kraus und Waldemar Spallek es gelang, die fast vergriffene Originalfassung aufzufinden und die technischen Voraussetzungen zur Projektion des Filmes auf die Westfassade zu gewährleisten.
Projektion: Timo Burkholz, Theodor Wülfing
Simultanübersetzung der englischen Untertitel in die Deutsche Sprache: Nina Steinbach
Die Veranstaltung war eingebunden in ein Sommerfest zur Sommersonnenwende (Johannisnacht) an der Wintringer Kapelle. Wie es auch im Saarland seit vorchristlicher Zeit Brauchtum ist, wurde auf dem Hof ein Johannisfeuer entzündet, um in der Nacht „dem Licht über seine momentane Schwäche hinwegzuhelfen“. Neben dem traditionellen Marktstand, der bei jeder Veranstaltung die Gäste mit kulinarischen Leckerbissen aus Produkten des Wintringer Hofes versorgte, verbreitete das Jazz-Duo Cornell Wegmann/Bernd Dahlmanns mit ihrer Musik eine sommerliche Leichtigkeit. Die Informationen zur Entwicklungsgeschichte der Wintringer Kapelle wurden zur Sommerveranstaltung durch einen Dokumentarfilm bereichert: Im Rahmen der Gesamtdokumentation des Projektes – Stundenbuch – wurde bereits anlässlich der Veranstaltung LichtZeitSpiel in Kooperation mit dem Saarbrücker Filmemacher und Designer Klaus Schneider der Dokumentarfilm „Die Wintringer Kapelle“ fertiggestellt. Dieser Film dokumentiert die Entwicklungsgeschichte des ehemaligen Prämontratenserpriorats Wintringen bis in die Gegenwart. Er wurde im Vorprogramm des abendlichen Lichtspiels in der „Kapelle“ uraufgeführt.
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